* 24. Februar 1921
† 17. Oktober 2017
von Lutz Lesle
Essay
Ingvar Lidholms Orchesterwerke und a cappella-Chöre widerspiegeln seine stilistische Entwicklung – und den Wandel der modernen Tonkunst in Schweden nach dem 2. Weltkrieg. Erstaunlicherweise hat Lidholm bis heute keine Symphonie geschrieben, obwohl schwedische Kommentatoren seinen Orchesterkompositionen das Wort »symphonisch« durchaus zubilligen und ihm Bo Wallner eine führende Position »als symphonischer Tonsetzer in der neuen nordischen Musik« einräumt (Wallner 1986, 6). 1944, mit 23 Jahren, zog Lidholm erstmals die Aufmerksamkeit auf sich mit Toccata e canto für kleines Orchester – Streicher und einige Holzbläser –, ein Frühwerk, das im Tonfall an Hindemith oder Carl Nielsen erinnert. Neobarocker Duktus, polyphone Setzweisen prägen den Kopfsatz; der II. Satz trägt ein elegisches Thema vor, das über einem trockenen Baß-Ostinato einem expressiv ausgesungenen Höhepunkt zustrebt. Auch das [1.]Streichquartett (1945) weist »neusachliche« und archaisierende Züge auf. Lidholms 2. Streichquartett zeigt 1952 einen Stilwandel an, der auf Bartók hinweist. Sein schlichter Titel Musik bezeugt ein Streben nach Objektivität, obgleich schon der massive Einleitungsakkord auf expressive, bisweilen geradezu aggressive Verläufe hindeutet.
Dokument einer neuen Tonsprache ist das Orchesterwerk Ritornell (1955): Prisma der Londoner Zwölftonstudien Lidholms, seiner Beschäftigung mit den Komponisten der 2. Wiener Schule, besonders mit ...